Das neue Recht der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
Pietro MOGGI, Notar und Rechtsanwalt in Lugano, und Olivier JACOPIN, Notar in St-Aubin
Das neue Recht der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist am 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Ziel der Reform war es, diese Gesellschaftsform mit den wahrhaftigen Attributen einer Kapitalgesellschaft auszustatten, ohne die personenbezogenen Elemente einzuschränken. Die Gesellschafter können also in vielen Bereichen nach wie vor die Statuten ihren Bedürfnissen anpassen und aus einer Reihe von Optionen aus-wählen. Nachfolgend eine Auflistung der wichtigsten Neuerungen:
a) Ein Gründungsmitglied reicht nun aus (bis jetzt brauchte es mindestens zwei Gründer), der überdies mehrere Stammanteile halten kann.
b) Das Mindestkapital beträgt nach wie vor 20’000 Franken, ist aber neu zu 100% zu liberieren; der Höchstbetrag des Stammkapitals von 2’000’000 Franken wurde aufgehoben.
c) Der tiefste Nominalwert der Stammanteile wurde von 1’000 Franken auf 100 Franken reduziert.
d) Bei einer qualifizierten Gründung der GmbH (Sacheinlagen, Sachübernahmen usw.) sind die entsprechenden Vorschriften des Aktienrechts zu beachten. Neu braucht es namentlich einen Gründungsbericht und eine Prüfungsbestätigung eines zugelassenen Revisors.
e) Die einzelnen Gesellschafter haften nur noch für die gegebenenfalls mit den eigenen Stammanteilen verbundenen und statutarisch festgesetzten Nachschüssen. Eine weitergehende persönliche Haftung der Gesellschafter gibt es nicht mehr.
f) Der Abtretungsvertrag über einen Stammanteil – wie übrigens auch ein entsprechender Vorvertrag – kann nun einfach schriftlich abgeschlossen werden. Die öffentliche Beurkundung ist nicht mehr erforderlich.
g) Die Abtretung eines Stammanteils bedarf der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Der entsprechende Beschluss muss mindestens 2/3 der vertretenen Stimmen sowie die absolute Mehrheit des gesamten Stammkapitals auf sich vereinigen.
h) Die Erhöhung des Stammkapitals muss von der Gesellschafterversammlung beschlossen werden, wogegen deren Durchführung der Geschäftsführung obliegt (gleich wie bei der AG). Die Kapitalerhöhung unterliegt der öffentlichen Beurkundung.
i) Die Vorschriften des Aktienrechts über die Anzeigepflicht bei Kapitalverlust und Überschuldung finden analoge Anwendung.
j) Die GmbH kann eigene Anteile nur dann erwerben, wenn frei verwendbares Eigenkapital in der Höhe der dafür nötigen Mittel vorhanden ist und der gesamte Nennwert dieser Stammanteile 10% des Stammkapitals nicht übersteigt.
k) Erweitert wurden sowohl die Liste der Bestimmungen, die zu ihrer Verbindlichkeit der Aufnahme in die Statuten bedürfen (wie die Vinkulierung der Stammanteile, das Kaufs- und Vorkaufsrecht, die Vorzugsstammanteilen, die Nach-schusspflicht, das Austritts- und Ausschliessungsrecht, das Konkurrenzverbot), als auch die Liste der unübertragbaren Befugnisse der Gesellschafter-versammlung.
l) Die gesetzliche Einberufungsfrist der Versammlung beträgt neu 20 Tage (wobei die Statuten diese Frist bis auf 10 Tage verkürzen können).
m) Die Beschlüsse der Versammlung können auch schriftlich gefasst werden, sofern nicht ein Gesellschafter die mündliche Beratung verlangt.
n) Für ausscheidende Gesellschafter besteht eine allfällig statutarisch vorgesehene Nachschusspflicht während drei Jahren ab Eintrag des Ausscheidens ins Handelsregister weiter.
o) Unter Vorbehalt anderslautender Vorschriften kann jeder Geschäftsführer die Gesellschaft gegenüber Dritten einzeln vertreten. Bestehen mehrere Geschäftsführer, so hat die Versammlung einen Vorsitzenden zu ernennen.
p) Mindestens eine zur Vertretung befugte Person (Geschäftsführer oder Direktor) muss ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.
q) Die unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben der Geschäftsführung sind nun klar geregelt, womit eine Lücke des ehemaligen Rechts gefüllt ist.
r) Was die Revisionspflicht anbelangt, sieht das neue GmbH-Recht (wie das Aktienrecht) eine Unter-scheidung zwischen “grossen” und “mittelgrossen” Gesellschaften, welche einer ordentlichen bzw. eingeschränkten Revisionspflicht unterstehen, vor. In gewissen Fällen können die Gesellschaften sogar auf die Revision verzichten.
Die bestehenden Gesellschaften müssen sich dem neuen Recht bis zum 31. Dezember 2009 anpassen. Allerdings muss die Frage der Revisionsstelle bereits bei Inkrafttreten des neuen Rechts behandelt werden. Die Notare von swisNot stehen für eine persönliche Beratung zu Ihrer Verfügung.
Lugano und St-Aubin, 01.01.2011