Umweltbezogene Prüfungen bei Abtretungen und beim Erwerb
1. Worum geht es?
Für die richtige Festsetzung des Preises eines Grund-stücks oder eines Unternehmens ist es unerlässlich, dessen Eigenschaften und insbesondere dessen allfällige Mängel zu kennen.
Zu den letztgenannten gehört das Verschmutzungsrisi-ko, das immer bedeutender wird, denn es bezieht sich nicht nur auf die Verhältnisse zwischen den Parteien, sondern ist auch Gegenstand von sich fortdauernd entwickelnden und immer strenger werdenden Be-stimmungen öffentlich-rechtlicher Natur.
Die Kantone haben rund 38‘000 belastete Standorte erfasst, davon wurden 4‘000 als Altlasten (sanierungs-bedürftige Standorte) qualifiziert, die bis 2025 geschätzte Kosten von ungefähr 5 Mrd. verursachen werden; das Problem ist also keine Seltenheit.
2. Die gesetzlichen Grundlagen
Auch wenn die hauptsächlichen Standards technischer Natur aus den Vereinigten Staaten stammen, gibt es in diesem Bereich eine ISO-Norm (ISO 14010: Guidelines for Environmental Auditing – General Principles) und gesetzliche Grundlagen, namentlich:
– Das Bundesgesetz über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (USG);
– Die Verordnung über den Schutz vor Störfällen vom 27. Februar 1991;
– Die Verordnung über die Sanierung von belasteten Standorten vom 26. August 1998;,
– Die Verordnung über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmerinnen und Ar-beitnehmer bei Bauarbeiten vom 29. Juni 2005.
All diese Gesetzestexte wurden wiederholt revidiert und bilden Gegenstand unterschiedlicher kantonaler – zum Teil sogar kommunaler – Ausführungsbestimmungen.
3. Einige zu prüfende Fragen
Nachstehend eine kurze Liste mit Themen, denen sich ein diesbezüglich beauftragter Experte widmet, je nachdem, ob man Bauland, ein Gebäude oder eine Fabrik kauft:
– Bodenbelastungen und Bodenverschmutzungen, Gefahren von Umweltverunreinigungen;
– Bauten mit Asbest, Schwermetall und radioaktiven Ausstrahlungen;
– hydrologische Gefahren;
– Beachtung von Normen und Merkmalen von Bauten im Sicherheits-, Gesundheits-, Brandrisiko- und Erdbebenrisiko-Bereich;
– oder auch Ausstoss und Emissionen von Anlagen.
Um im Hinblick auf eine allfällige Streitsache den Kosten-Verteilschlüssel unter verschiedenen Verantwortlichen festzusetzen, ist es (aufgrund des Verursacherprinzips) empfehlenswert, den Experten mit der Bestimmung des Zeitpunkts der Verschmutzung zu beauftragen.
Die vorliegende Problematik könnte zu einer – zurzeit im Bundesparlament diskutierten – Anpassung des USG führen, welche in der Notwendigkeit einer kantonalen Bewilligung für die Übertragung oder die Teilung eines im Kataster der belasteten Standorte verzeichneten Grundstücks münden könnte.
4. Die häufigen Probleme in der Praxis
In sämtlichen Gebäuden, die vor 1991 gebaut wurden, ist nach Spuren von Asbest zu suchen, denn Asbest wurde in der Vergangenheit oft mit anderen Materialien (Klebstoffen, Dichtungen, Isolationen, PVC etc.) ge-mischt. Arbeiten bei Vorhandensein von Asbest sind gegenüber der SUVA, und oft auch gegenüber einer kantonalen Behörde, zu deklarieren.
Ausserdem verursachen verschmutze Böden (Blei, Kupfer, Kadmium, Zink, den Tod von Bienenvölkern verursachende Pestizide etc.) anlässlich des Aushubs hohe Mehrkosten.
Zudem sind eingegrabene Tanks häufig Verursacher von Verschmutzungen, denn sie beginnen im Alter zu rinnen. Das Vorliegen von Sondermüll (zum Beispiel: alte Neonröhre, alte Bleianstriche) stellt eine latente Wertverminderung dar.
Schliesslich müssen die Betriebsrisiken (nicht konforme Anlagen, Explosionsgefahr) bei einem Unterneh-menskauf geprüft werden.
5. Warum ist eine Prüfung zu überprüfen?
Der Erwerber darf nicht gleich aufgrund einer ihm vom Verkäufer vorgelegten Prüfungsbescheinigung beruhigt sein. Er müsste vielmehr die Überprüfung dieser Prü-fungsbescheinigung verlangen.
– Welche Dokumente wurden dem ersten Prüfer vorgelegt?
– Welche Erhebungen und welche Analysen wurden von ihm vorgenommen?
– Welche Überlegungen führten zu den Schluss-folgerungen?
6. Wie vorgehen?
Wenn Sie eine umweltbezogene Prüfung als notwendig erachten, sollten Sie als erstes die Ziele der Prüfung und den Auftrag des Prüfers klar formulieren, ohne zu vergessen, sich nach allfälligen künftigen rechtlichen Entwicklungen, welche die Kostenfragen zu Ihren Un-gunsten ändern könnten, zu erkundigen.
Dann sollten Sie dem Experten eine möglichst umfas-sende Grundlagendokumentation zur Verfügung stellen.
Seine Aufgabe wird darin bestehen, auf der einen Seite die voraussehbaren Risiken und auf der anderen Seite die zu treffenden Massnahmen und die möglichen Kosten derselben festzusetzen.
In der Regel kann eine solche Prüfung innert einer Woche bis eines Monats durchgeführt werden. Vergli-chen mit den möglichen finanziellen Folgen, die mehrere Hunderttausend oder sogar Millionen Franken betragen können, sind die Prüfungskosten mehr als vernünftig.
Zögern Sie nicht, Ihren Notar um Beratung zu bitten. Er wird Ihnen helfen können, indem er zunächst den rechtlichen Rahmen dieser Problematik definiert und anschliessend mit einem fähigen Umweltexperten in Verbindung tritt.
Genf und Bern, 01.07.2013