Am 1. Januar 2013 sind die neuen Bestimmungen betreffend die Verjährungsfristen für die Geltend-machung von Sachgewährleistungen im Kaufvertrags- und Werkvertragsrecht in Kraft getreten.
Diese Änderung ist das Ergebnis der Umsetzung zweier parlamentarischen Initiativen, welche in den Jahren 2006 und 2007 eingereicht worden waren.
Diese Initiativen wurden durch drei Gesetzes-änderungen umgesetzt:
1. Art. 199 OR: Bestimmungen, welche die Verjährungsfrist von zwei Jahren in den Kaufverträgen zwischen einem Unternehmen und einem Konsumenten wegbedingen oder einschränken, sind ungültig.
2. Art. 210 OR: Bei Mängel einer (beweglichen) Sache beträgt die Verjährungsfrist zwei Jahre; Erhöhung auf eine Verjährungsfrist von fünf Jahren, wenn die mangelhafte Sache bestimmungsgemäss in ein unbewegliches Werk integriert wurde und dies die Mangelhaftigkeit des Werkes zur Folge hat.
3. Art. 371 Abs. 1 OR (unter Bezugnahme auf Art. 210 OR): Auf dem Gebiet des Werkvertrages wurde die Verjährungsfrist ebenfalls auf zwei Jahre verlängert.
Der neue Artikel 210 OR
Gemäss Art. 210 OR verjähren Klagen auf Ge-währleistung wegen Mängel der Sache mit Ablauf von zwei Jahren nach deren Ablieferung an den Käufer, sofern keine längere Haftung übernommen wurde (Abs. 1). Die Frist beträgt fünf Jahre, wenn die Sache bestimmungsgemäss für ein unbewegliches Werk ver-wendet worden ist und der Mangel der Sache die Mangelhaftigkeit des Werkes verur¬sacht hat (Abs. 2). Darüber hinaus ist eine Vereinbarung über die Verkürzung der Verjährungsfrist ungültig, wenn (i) sie die Verjährungsfrist auf weniger als zwei Jahre bei neuen Sachen resp. bei gebrauchten Sachen auf weniger als ein Jahr verkürzt, (ii) die Sache für den persönlichen oder familiären Gebrauch des Käufers bestimmt ist sowie (iii) der Verkäufer im Rahmen seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt (Abs. 4).
Der neue Artikel 371 OR
In Bezug auf Art. 371 OR ist die allgemeine Verjährungsfrist von zwei Jahren übernommen worden; sie beträgt jedoch fünf Jahre bei Mängel beweglicher Werke bzw. bei Mängel eines beweglichen Werkes, welches bestimmungsgemäss in einem (Bau-)werk eingebaut wurde, und die die Mangelhaftigkeit des Werkes verursacht hat (Abs. 1). Die Ansprüche des Bestellers eines unbeweglichen Werkes wegen allfälliger Mängel des Werkes gegen den Unternehmer, Architekten oder Ingenieur verjähren wie bisher fünf Jahren nach Abnahme des Werkes (Abs. 2). In der deutschen Fassung von Art. 371 Abs. 2 OR wurde der Begriff “Werk” (franz.: ouvrage immobilier) jedoch dem Begriff “Bauwerk” (franz.: construction immobilière) vorgezogen. Schliesslich wird in Abs. 3 auf die sinngemässe Anwendung der Bestimmungen über die Verjährung der Rechte des Käufers verwiesen.
Die Vorteile
Die Anpassung der Fristen in Bezug auf die (in unbewegliche Werke integrierten) beweglichen Werke und die Harmonisierung des schweizerischen mit dem internationalen und europäischen Recht sind unbestrittenermassen Vorteile dieser Revision. Die Festsetzung einer zweijährigen Verjährungsfrist verbessert die Stellung des Käufers merklich – gerade da bisher das Bundesgericht eine kürzere Verjährungsfrist zuliess. Der bessere Konsumentenschutz rechtfertigt die Verlängerung der Verjährungsfrist (die im Vergleich zur allgemeinen Verjährungsfrist von 10 Jahren [Art. 197 OR] kurz bleibt).
Die Statuierung einer Verjährungsfrist von mindestens zwei Jahren bei Verträgen mit Konsumenten stellt, da die Bestimmung bisher dispositiver Natur war, eine erhebliche Verbesserung des Konsumentenschutzes dar. Auf der anderen Seite werden die Interessen des Verkäufers von dieser Erweiterung aufgrund der strengen Auflagen an den Käufer betreffend Mängelprüfung und -rüge nicht verletzt (Art. 201 OR). Im Übrigen profitiert der Verkäufer auch von den Änderungen, stehen ihm doch die gleichen Rechte und Fristen gegenüber seinem Lieferanten zu.
Schliesslich stellt die Koordinierung der Verjährungs-fristen von Kauf- und Werkverträgen ein erheblicher Vorteil für die Unternehmer dar. Unter dem alten Recht waren bei (Bau-)werken unterschiedliche Verjährungsfristen anwendbar: Der Unternehmer haftete während fünf Jahren, während er innerhalb eines Jahres gegen Lieferanten von beweglichen Werken (auch wenn in unbewegliche Werke integriert) vorstellig werden musste. Unglücklicherweise verbleibt ein Unterschied betreffend den Beginn der beiden Fristen: Beim Kaufvertrag beginnt die Frist mit Lieferung der Sache zu laufen, während beim Werkvertrag die Abnahme des Werkes massgebend ist.
Bei allfälligen Fragen, stehen Ihnen die Notare von swisNot gerne beratend zur Seite.
Porrentruy / St-Aubin, 01.03.2013